Architekturen // Tagungszentrum
Der Zauberberg des Glaubens
Fotos: Wolfgang Broemser, KSI, Wolkenkratzer (Luftbild)
Ehemalige Abtei Michaelsberg, Siegburg
Architekten: msm meyerschmitzmorkramer (Köln)
Bauzeit: 2014-2017
Fischpass
Bauspiele
Militärhistorisches Museum
Tagungszentrum
Schlosshotel
Weingut & Schiefermahlwerk
Universitätscampus
Grimm-Zentrum
Evangelische Freikirche
Regionale Schule
Bürohaus Dockland
Vinothek
Neue Synagoge
Hummerich-Halle
Food Hotel
Forum Confluentes
Mehrgenerationenhaus
Steinskulpturen-Museum
Ausflugsrestaurant
Lava-Dome
"Die Zeit der Klausur auf dem Michaelsberg ist vorbei."
                            Uta Winterhager, deutsche bauzeitung
"Berg 'der Sinnsucher' - warum suchen Menschen ständig nach Sinn?"
"Weil sie nicht kapieren wollen, dass sie ihn nie finden, nur selbst
erzeugen. Menschen sind voll bekloppt, Bruder!"
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"Materialität und Transparenz
sind allgegenwärtige Leitge-
danken des Entwurfs... Er soll 
mit dem alten Gebäude kor-
respondieren und ihm trotz- 
dem nicht die Show stehlen."
                     Die Architekten
"Ethik geht nicht im Elfenbein-
turm."
Der Kölner Erzbischof bei der Eröff-
nung des Bildungszentrums auf
dem Michaelsberg. Zuvor war die
Akademie in Bad Honnef ange-
siedelt.
Facebook-Marketing und Pod-
cast-Erstellung statt "ora et
labora" - jahrhundertelang war
der Klosterberg "Anlaufstelle für
Sinnsuchende" (Express Bonn).
Doch droht er jetzt nicht mehr
nur Sinnsucher anzulocken, son-
dern vor allem Selbstoptimierer
und Netzwerker auf der Suche
nach wertvollen Kontakten und
beruflich verwertbaren "Skills".
Das Bildungszentrum des Erz-
bistums sollte darauf achten,
auch am neuen Ort Technik und
Ethik gemeinsam zu vermitteln.
Es muss auch weiterhin um
Selbstbesinnung, nicht bloß    
um Selbstoptimierung gehen.
 
Wie sich doch die Zeiten ändern - einst vertrieb der Kölner Erzbischof Anno II. einen
Pfalzgrafen vom Michaelsberg in Siegburg, um dort eine Abtei zu gründen. Heute folgt
ein modernes Bildungszentrum des Erzbistums Köln auf das Benediktiner-Kloster, das
hier, auf dem Gipfel eines erloschenen Vulkans, fast tausend Jahre zu Hause war. 
Hotelzimmer statt Mönchszellen

Als die Mönche den Klosterbetrieb 2011 mangels Rentabilität einstellen mussten, war
Platz für Neues gegeben. Zuerst zogen Karmeliten-Brüder in einen eigenen Trakt der
eindrucksvollen Vierflügelanlage ein; sie halten seitdem die Gottesdienste in der nach
dem Krieg stilsicher wiederaufgebauten Abteikirche ab. Dann übernahm das Kölner
Erzbistum das barocke, denkmalgeschützte Konventgebäude vom Benediktiner-Orden
und richtete hier die neue Heimstätte seines Tagungszentrums, des Katholisch-Sozialen
Instituts (KSI), ein. Die ehemaligen Mönchszellen wurden in moderne Hotelzimmer
umgewandelt. Weil der Platz nicht ausreichte, entstand zusätzlich ein Neubau, das
sogenannte "Forum". Es erstreckt sich westlich vom Konvent, ist tiefer gelegen als die-
ser und bezeugt dem Altbau dadurch seinen Respekt. Sanierung und Neubau ließ sich
die reichste deutsche Diözese 47 Millionen Euro kosten. 
Neubau heißt den Gast willkommen

Das "Forum" beherbergt weitere Konferenz- und Seminarräume, außerdem ein
Restaurant und eine Tiefgarage. Sein auf Höhe der Parkdecks schräg in den Sockel
eingeschnittener Eingang wirkt wie eine Geste, die den Gast willkommen heißt. Der
Sockel wird von roh behauenem Naturstein verkleidet, der mit den Steinen der mittel-
alterlichen Festung korrespondiert, auf denen der Altbau thront. Die Obergeschosse des
Neubaus verkleidet dagegen glatt geschliffener Stein; in diesen sind bodentiefe Fenster
geschnitten, die einen Kontrast zu den Sprossenfenstern des Hotels im ehemaligen
Abteigebäude bilden. Großzügige Loggien lockern die Fassade auf und erlauben es,
Veranstaltungspausen im Freien zu verbringen. Mit dem Aufzug gelangt der Besucher  
zu einem transparenten Dachpavillon, den ein gläserner Steg mit dem Altbau ver-
bindet.
Preisgekrönte Gegensätze

Hier befindet sich die Rezeption des Hotels, das nicht nur Seminar- und Kongressteil-
nehmern, sondern, bei freiem Platz, auch auswärtigen Besuchern offensteht. Die Archi-
tekten haben die Zimmer mit selbst entworfenen Möbeln aus heller Eiche ausgestattet;
der Gast kann zugleich "klösterliche" Ruhe und zeitgemäßen Komfort genießen. Die aus
solchen Gegensätzen hervorgehende Faszination macht das Ensemble auch zum Mag-
neten für Auszeichnungen: Es heimste sowohl den German Design Award ein als auch
den diesjährigen Mipim Award in Cannes, und das in gleich zwei Kategorien ("Special
Jury Award" und Preis als "Best Hotel & Tourism Resort").
Überlebt die Magie des Glaubens?

Setzt ein Bauherr mit genug Kleingeld auf qualitätvolle Architektur, ist ihm der Werbe-
erfolg sicher. Doch besteht nicht die Gefahr, dass sich unter dem Eindruck des Erfolgs
ein Kraftwerk christlicher Besinnung zu einem "Tourism Resort" mit beliebiger Pro-
grammatik wandelt? Ein Blick in das aktuelle Veranstaltungsprogramm des Instituts
zeigt indes, dass Ethik und Katholische Soziallehre offenbar weiter den roten Faden
bilden. Die Einsamkeit mönchischen Lebens auf dem Michaelsberg ist verflogen, doch
der christliche Geist scheint willens, zu bleiben. Dann wird der Zauber des Glaubens den
Berg auch künftig aus der Welt zu seinen Füßen herausragen lassen und die Kreisstadt
Siegburg zu einem magischen Ort machen.